Wenn dein Sitznachbar am Esstisch in einer Jacke eingepackt die Tee-Tasse umgreift als wäre es ein goldener Schatz; wenn du beim Ausatmen im Haus den Hauch deines Atems siehst; wenn du so sehr zitterst, dass die Reiskörnchen auf deinem Löffel tanzen, dann weißt du: Es ist Winter in Nepal.
In Kathmandu sind wir glücklicherweise vom großen Schneebefall und tiefen Minusgraden befreit. Dennoch macht die Kälte – vor allem nach Sonnenuntergang – uns alle zu schaffen. Da hilft es auch nichts, sich innerhalb der vier Wänden zu befinden. Im Haus ist es nämlich oftmals genauso kühl wie draußen. Insbesondere beim Abendessen und vorm Einschlafen quält uns die Kälte. Dick eingemummt sitzen wir am Esstisch und zittern vor uns hin. Der Wunsch nach dem nächsten Morgen. Der Wunsch nach Sonnenlicht und Wärme.
Wenn ich mich am späten Abend wieder in mein Stockwerk verabschieden muss, weil neuerdings das Hostel im zweiten Stock um 22h abgeschlossen wird, so verabschiede ich mich nicht nur in die Nacht, sondern vielmehr auch in die absolute Dunkelheit und Einsamkeit.
Die Wohnung im ersten Stock habe ich ganz für mich allein – trotz vier Schlafzimmern. Der schmale Flur ist eng, kalt und nicht beleuchtet. Die Küche ist verlassen und nur mit eingestaubtem Gerümpel ausgestattet. Das Wasser im Bad tropft unentwegt und hallt durch die verlassene Wohnung. Wenn der Strom wieder mal abgeschaltet wird, gibt es kein Notfalllicht, sondern einzig und allein die grausame Finsternis. Ein Schauer läuft mir jedes Mal über den Rücken, bis ich endlich mein Zimmer am Ende des Ganges erreiche. Türen quietschen, Fenster klappern – bin ich hier unten wirklich allein?
Ich fühle mich einsam hier unten – wohlwissend, dass nur ein Stockwerk über mir Volontäre gemeinsam um den Tisch herum sitzen und sich ihrer Gesellschaft erfreuen dürfen. Alles, was ich hier in meinem Zimmer habe, sind meine tausend Gedanken, die ich eigentlich in Nepal aus dem Weg gehen wollte; ein flackerndes Kerzenlicht; und das dumpfe Gefühl, dass ich nicht wirklich alleine hier unten bin…. Der Wunsch nach dem nächsten Morgen. Der Wunsch nach dem Ende der Einsamkeit.
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