Mitten in Kathmandu hält unser Jeep noch einmal an. Es muss noch jemand aufgegabelt werden. Arati und Padam, unsere beiden Schlüsselfiguren ins Dorf Ikudol, lassen sich Zeit – Nepali-Time eben. Ich blicke in die müden Gesichter meiner drei Mitreisenden und erkenne Vorfreude, aber auch ein wenig Nervosität. Für uns vier wird es das erste Mal in dem abgelegenen Dorf sein.
Wie bereits in den Tagen zuvor verliert die Sonne auch heute den Kampf gegen das Bündnis aus Dunst, Staub und Abgase. Der blasse Feuerball ist nur schemenhaft zu erkennen und schenkt uns an diesem frühen Morgen keine Wärme. Zitternd stehen wir in unseren Gedanken versunken, bis uns immer wieder eine Smog-Wolke vorbeirauschender Fahrzeuge in die Realität zurückholt.
Als wir nach einer gefühlten Unendlichkeit aufbrechen, steht uns eine lange Reise bevor. Mit dem Jeep winden wir uns unter erschwerten Bedingungen durch das Chaos auf Kathmandus Straßen. Von Minute zu Minute verdichtet sich die Dunstglocke und hält unsere Sicht in der Hauptstadt gefangen. Ob eine Welt außerhalb der Glocke existiert?
Von Kathmandu gelangen wir direkt an die Grenzstadt Lalitpur. Noch engere Straßen, die unmittelbar an Häuser angrenzen, zwingen uns nun im Wagen auszuharren und die Abgase von alten und noch älteren Bussen einzuatmen – da hilft auch keine neue Atemschutzmaske. An den Ausläufen von Lalitpur werden die Straßen breiter. Unsere Reisegeschwindigkeit verdoppelt sich. Nun zahlt sich unser Jeep aus. Die kleinen Motorräder und Autos zeigen großen Respekt vor uns – die Macht des Stärkeren. Wir kommen gut voran.
Nach knapp einer Stunde endet ohne Vorwarnungen die asphaltierte Straße und geht nahtlos in eine Schotterpiste über. Staub wird aufgewirbelt. Die Fahrt wird ruppiger. „Noch zwei Stunden“, hallt es vom Vordersitz zu uns nach hinten, während wir im Jeep ziemlich durchgeschüttelt werden. Zu unserem Trost wird die Aussicht hingegen immer besser. Wir haben das Gebirge erreicht – oder wie der Nepalese sagen würde: „die Hügel“. Erhöhungen, die nicht zum Himalaya gehören, verdienen nämlich die Kategorie „Berge“ nicht.
Die Fahrt ist ein ganz großes Abenteuer. Die Schotterpiste ist so schmal, dass wir froh sind, an diesem Tag keinen Gegenverkehr passieren lassen zu müssen. Überall liegen große Felsbrocken und noch mehr Schotter herum. Die Schlucht ist tief und würde uns bei einem Absturz wohl direkt in die Hölle fallen lassen. Unser Adrenalinspiegel steigt noch einmal, als wir von der Schotterpiste scharf links in eine Super-Schotterpiste biegen. Plötzlich sind nur noch Konturen von einer Straße zu erkennen. Die Schlaglöcher werden tiefer – genauso wie der Abgrund.
Doch glücklicherweise beginnt für uns nun der Abstieg. Die engen Serpentinen nimmt unser Fahrer gekonnt. An einigen Stellen will er wohl ganz genau sein. Er kurbelt sein Fenster herunter, um den Abstand zwischen Reifen und Abgrund auf ein Minimales zu erhalten. Ein paar bange Blicke später erreichen wir die Ausläufer des Dorfes Ikudol. Wir fahren weiter hinab ins Tal und überqueren den Fluss, der zu dieser Jahreszeit so wenig Wasser führt, dass unser Jeep uns problemlos auf die andere Uferseite manövriert.
Nach etwa drei Stunden, einer Tee- und einer Mittagspause haben wir den Dorfkern von Ikudol erreicht. Wir atmen tief ein und bemerken die frische Naturluft dieser entlegenen Gegend. Der Dorfkern hat nur einige wenige Häuser und ist umgeben von hohen Hügeln, die in einem wundervollen Grünton leuchten. Von Autos und Bussen ist – abgesehen von unserem geparkten Jeep – weit und breit nichts zu sehen. Kein Hupen, kein Schreien – hier herrscht die Ruhe der Natur.
Die Sonne steht bereits über den Hügeln Ikudols und schenkt uns eine Wärme, die wir schon längst vergessen hatten. Kaum eine Menschenseele wagt es in dieser Abgeschiedenheit, diese Ruhe im Paradies zu stören.
Wir müssen aufbrechen. Denn es steht uns noch ein etwa halbstündiger Fußmarsch bis zu Arati und Padams Farmhouse bevor. Einen beschwerlichen Weg durch Gestrüpp, über kleine Bäche und mit vielen sehr steilen Steigungen lassen wir hinter uns, ehe wir uns auf einer Höhe befinden, in der ein Absturz fatale Auswirkungen hätte. Wir müssen hintereinander gehen, so schmal sind hier die Pfade hinauf. Wir haben den größten Respekt vor den Dorfbewohnern, die täglich eine solch beschwerliche Strecke meistern müssen, nur um beispielsweise im Dorfkern einkaufen zu gehen.
Wir erreichen das Farmhouse auf der ersten Anhöhe. Über die gesamten Hügel verteilen sich die Häuser. Jedes einzelne ist genauso abgelegen wie das andere – jedes einzelne nur sehr beschwerlich zu erreichen. Der Ausblick über Ikudol ist phänomenal. Seht selbst!
basundhara
Hallo Khai, endlich konnte ich nun mal Deine letzten Beiträge lesen. Ich weiß es ist kalt jetzt dort, auch wenn manch einer denkt, was meinen die mit kalt, wenn der Winter 15 Grad hat. Es ist einfach überall kalt. Ich erinnere mich noch gut an meinen Winter, damals in der Gassenküche, als wir im Schatten mit kaltem Wasser aufgewaschen haben…..es war einfach nur kalt. Am schönsten war Mittags in den Sonnenstrahlen zu sitzen für eine halbe Stunde. Naja es wird ja bald wieder sehr sehr warm, aber ich denke da bist Du schon wieder zu Hause.
Ich zähle schon die Tage. Noch 16 Tage arbeiten :-). Dann kommt die Zeit an der ich mal richtig etwas ZEIT habe. zeit ist etwas was mir hier abhanden gekommen ist.
In dem Sinne: bis bald, halte durch, wir sehen uns.
Liebe Grüße Ines