Der Oktober gilt bei vielen als beliebtester Reisezeitraum für einen Nepal-Aufenthalt. Angenehme Temperaturen, wenig Regen und viele Feiertage bietet der Monat. Die wichtigsten Feiertage des Landes erstrecken sich genau in diesem Zeitraum. Die 15-tägigen Dashain-Festlichkeiten sind bei einem Großteil der Reisenden bekannt. Doch kennt ihr auch „Sora Shradda“? Die 16 Tage unmittelbar vor dem Beginn von Dashain? Wahrscheinlich nicht.
Es gibt vieles, was Nepal für Reisende so besonders macht. Sie sprechen oftmals von der atemberaubenden Natur, der kulturellen Vielfalt und der unbeschreiblichen Gastfreundlichkeit Nepals. Es ist das Essen, das sie begeistert und die Spiritualität, die sie in den Bann zieht. Sie schwärmen über die Einfachheit und die Gelassenheit der Nepalesen. Doch ist es etwas ganz anderes, das Nepal für mich zu einem so speziellen Ort macht.
Es ist der Zusammenhalt der Menschen. Der gegenseitige Respekt. Mitgefühl und Loyalität. Eine innere Verbundenheit, die durch nichts erschüttert werden kann. Noch nicht einmal durch den Tod. Selbst nach dem Tod bleibt sie bestehen. Niemand wird vergessen. Weil es nichts schlimmeres gibt, als vergessen zu werden. Denn wenn sich niemand an dich erinnern kann, hast du auch nicht existiert…
Sora Shradda – Eine Tradition, die ein Nicht-Nepalese wohl nicht kennt
Zu den wichtigsten Traditionen Nepals gehört „Sora Shradda“. Für Touristen weitestgehend unbekannt, weil es sich nicht vermarkten lässt. Es ist nämlich ein kleines, intimes Ritual, das im engsten Familienkreis abgehalten wird. Fast schon still und heimlich.
Während „Sora Shradda“ wird den verstorbenen Familienangehörigen gedacht. „Sora“ bedeutet die Zahl 16 und steht für die Anzahl der Tage, die die „Shradda“ ausgeführt wird. „Shradda“ heißt so viel wie „den Ahnen Respekt zollen“. Diese Tradition beginnt genau 16 Tage vor den größten Festlichkeiten Nepals. Mit dem Ende von „Sora Shradda“ beginnt unmittelbar danach Dashain.
Der Hintergrund liegt darin, dass zunächst den verstorbenen Angehörigen gedacht werden sollte, bevor sich selbst während Dashain gefeiert wird. „Sora Shradda“ ist eine hinduistische Tradition, die hauptsächlich im Kathmandu-Tal vollzogen wird.
Dabei wird sich nach den Mondtagen eines Monats gerichtet. Jeder der 16 Tage von „Sora Shradda“ bildet eine Mondphase zwischen Neu- und Vollmond ab. An genau welchem Tag der insgesamt 16 Tage das Ritual stattfindet, hängt von der Mondphase am Todestag des Verstorbenen ab.
Die Tradition sieht vor, dass ein Priester ins Haus kommt, um ein kleines Ritual zu vollziehen. Dabei werden dem Verstorbenen Opfergaben in Form von Essen und Kerzen gegeben. Der Priester trägt währenddessen seine Mantras vor und segnet sämtliche Familienmitglieder mit einer gelben(!) Tika. Die Tika ist gelb und nicht so wie häufig rot, weil gelb in diesem Fall das Trauern symbolisiert. Rot steht in der Regel für Freude und Sieg. Traditionell rasieren sich die Söhne des Verstorbenen zudem noch den Kopf.
Dieses Ritual für die Verstorbenen kann nur ein Hindu-Priester durchführen. Es ist also eine gute Zeit, Priester zu sein. 😉

Mit den Informationen von meinen Freunden Rajeev und Vishal, die die von mir vorgestellte Unterkunft in Kathmandu leiten, geschrieben. Wer nach Nepal reist und nicht einfach nur das Land sehen, sondern die vielfältige Kultur näher kennenlernen möchte, ist bei den beiden bestens aufgehoben!
Mehr Geschichten und Mythen findet ihr hier. Mehr verborgene Traditionen und Bräuche gibt es hier in meinem Blog.
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Wer mehr über den Hinduismus lernen möchte:


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