Derzeit leiden nach Schätzungen des UN World Food Programme (WFP) noch immer 870 Millionen Menschen an Hunger. Und das obwohl oder gerade weil wir in einer globalisierten und hoch entwickelten Welt leben.
Das wichtigste Ziel der im Jahre 2001 in New York gehaltenen Millennium-Gipfel-Konferenz, die Beseitigung der extremen Armut und des Hungers – mit dem Zwischenziel den Anteil der hungernden und an Unterernährung leidenden Menschen bis 2015 zu halbieren, scheint nicht mehr erreichbar zu sein! (Alle 8 Millennium Development Goals (MDG) für das Jahr 2015 können hier gefunden werden).
Selbst in Artikel 25 Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist festgehalten, dass „Jeder […] das Recht auf einen Lebensstandard [hat], der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, […]“.
Umso bedauerlicher ist es, dass weltweit jeder siebte Mensch an Hunger leiden muss. Das heißt es gibt weltweit mehr hungernde Menschen als die Bevölkerung von EU, USA und Kanada zusammengenommen! Laut dem WFP sei Hunger das größte Gesundheitsrisiko weltweit. Es sterben pro Jahr mehr Menschen an Hunger als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen.
Besonders Entwicklungsländer bekommen die Auswirkungen zu spüren. Gut 75% der an Hunger leidenden Menschen leben in Afrika, Asien und im Pazifikraum.In Entwicklungsländer stirbt jedes dritte Kind an den Folgen von Unterernährung.
Der Welternährungstag bzw. der Welthungertag soll jedes Jahr am 16. Oktober uns daran erinnern und neues Bewusstsein schaffen für ein Thema, welches für uns selbstverständlich ist.
Wer meint, den Hunger auf die wachsende Bevölkerung in den Entwicklungsländern schieben zu können, hat nur minimal Recht!
Klar, das Bevölkerungswachstum ist ein Faktor, der dazu beiträgt, dass sich die weltweite Ernährungskrise nicht verbessert. Doch es ist nur ein winziger Faktor, der wiederum bedingt ist, durch schlechte Bildung und Perspektivlosigkeit.
Das Problem liegt nicht daran, dass die Nahrung auf der Welt knapp wird. Das Problem liegt in der Verteilung der verfügbaren Nahrung.
Nahrung ist also für 7 Milliarden Menschen vorhanden. Doch das zentrale Problem ist, dass sich 1 Milliarde diese nicht leisten kann!
Es geht nicht darum, Nahrungsmittel aus unseren Supermärkten an die hungernde Bevölkerung zu verschenken. Es geht vielmehr darum sich zu fragen, wieso es möglich ist, dass in Industriestaaten gefertigte Produkte trotz Transportkosten, Zölle etc. in Entwicklungsländern den Markt zu viel niedrigeren Preisen als die einheimischen Produkte überschwemmen können. Es geht nicht darum einfach nur zu wissen, dass es Menschen in Entwicklungsländern schlechter haben als in Industriestaaten. Es geht darum zu wissen, WARUM das so ist. Es gilt ein Bewusstsein für die Zusammenhänge in der globalisierten Welt zu schaffen. Es gilt zu verstehen, dass Hunger nicht nur ein plötzlicher Ausbruch bei Dürren oder extremen Regenfällen ist.
Hunger ist ein strukturiertes Problem
In Entwicklungsländern arbeiten die meisten Menschen noch in der Landwirtschaft. Sie versorgen dabei nicht nur ihre eigenen Familien, sondern auch die Märkte aus ihren Regionen. Vor allem Kleinbauern können gegen die Produktivität aus den Industriestaaten nicht mithalten. Wenn dann auch noch die Landwirtschaft in den Industriestaaten subventioniert wird, steigt deren Anreiz für eine Überschussproduktion. Denn diesen subventionierten Überschuss können sie ebenfalls subventioniert an die Entwicklungsländer unter den Weltmarktpreis exportieren. Einheimische Kleinbauern können mit den niedrigeren Angebotspreis nicht konkurrien und sind ihrer meist einzigen Einnahmequelle beraubt. Es fehlt nun Geld für weitere Investitionen in ihre Felder und auch der Anreiz die Landwirtschaft fortzusetzen. Existenzen werden vernichtet, die Armut nimmt zu. (einfach ausgedürckt 🙂 )
Das Klima spielt eine wichtige Rolle!
Auch der Klimawandel trägt vor allem in der Landwirtschaft zur Ernährungskrise in den Entwicklungsländern bei. Vor allem ist dabei die Sub-Sahara Zone betroffen. Immer häufiger auftretende Dürren und extreme Regenfälle zerstören dabei Ernten, die Dörfer das Jahr über mit Nahrung versorgen sollen.
Steigende Nahrungsmittelpreise treffen Entwicklungsländer besonders schwer!
Während in Industriestaaten statistisch gesehen etwa 15% des Einkommens für Nahrung ausgegeben wird, sind es in den Entwicklungsländern schon ganze 75%. Das hat zur Folge, dass minimale Preisanstiege in den Grundnahrungsmitteln die Bevölkerung in Entwicklungsländern stärker treffen. Besonders diejenigen Menschen leiden, die die Flucht von der Landwirtschaft aus den Dörfern in die Städte antraten, um dort eine bessere berufliche Perspektive zu finden. Doch wie soll das geschehen ohne gescheite Ausbildung? So müssen sie minimal bezahlte Arbeiten erledigen, die ihnen eine gesicherte Ernährung nicht mehr ermöglichen.
Der Preisanstieg bei Nahrungsmittel hat viele Gründe
Alleine den Preisanstieg auf eine gesteigerte Nachfrage durch den Anstieg der Weltbevölkerung in China und Indien festzuhalten, wäre fatal. Durch die Ein-Kind-Politik in China wird dabei sogar weit in die eigene Privatsphäre eingegriffen, um den Wirtschaftsaufschwung zu sichern – doch das ist sicherlich ein anderes Thema. Es ist nicht die wachsende Bevölkerung, die die Nachfrage explodieren lässt, sondern die wachsende Mittelschicht in den Schwellenländern – insbesondere in China und Indien. Das Konsumverhalten in den beiden bevölkerungsreichsten Staaten hat sich dank des dortigen steigenden Wohlstandes extrem verändert. Es gibt nun eine neue große Mittelschicht, die mehr Nahrung zu sich nimmt – vor allem im Fleischkonsum.
Höhere Preise für Fleisch haben immer eine Preisanstieg im Getreide zur Folge
Dass Fleisch nicht auf Bäumen wächst ist klar. Man braucht zur Viehzucht extreme Mengen an Getreide und Wasser. Je nachdem welches Vieh man züchtet, benötige man für 1KG Fleisch bis zu 16KG Getreide und 15.500l Wasser. Damit will ich nicht sagen, dass wir nun alle Vegetarier werden sollen. Es geht darum zu erkennen, wie viel Fleisch „kostet“ und gegebenenfalls seinen eigenen Konsum etwas einzuschränken…
Steigende Produktionskosten steigern die Endpreise
Vor allem der hohe Rohölpreis an den Weltbörsen ist für die Steigerung der Produktionskosten verantwortlich. Irgendwie müssen ja die Maschinen angetrieben werden….
Börsenspekulationen um Lebensmittel treiben ebenfalls den Preis an
Nach den Rohstoffen und Edelmetallen haben nun auch die Lebensmittel das Börsenparkett erreicht. Als „Soft Commodities“ werden Lebensmittel an den Börsen genannt. Es geht hier nicht mehr um die Anpassung von Angebot und Nachfrage, sondern vielmehr um die spukulative Jagd nach den höchsten zukünftigen Gewinnen.
Auch wir selbst tragen zur Ernährungskrise bei!
Durch unser Konsumverhalten – insbesondere die aggressive Einkaufspolitik – haben auch wir maßgeblichen Anteil daran, dass Produzenten unsere Nachfrage decken wollen.
Ich wiederhole erneut, es geht mir nicht darum, Euch zu zwingen Euer Konsumverhalten zu ändern. Ich wollte nur ein Bewusstsein für dieses sensible Thema schaffen und aufzeigen, dass Hunger in der Welt ein Ergebnis aus unterschiedlichsten Faktoren ist, die wohl einzelt gewichtet nicht sonderlich bedrohlich klingen, aber in der Kompaktheit, wie sie im Moment vorzufinden ist, äußerst bedrohlich sind.
Nochmals, es ist kein Aufruf Euer Konsumverhalten zu ändern! Denn ich bin der Auffassung, dass eine gezwungene Konsumänderung keine nachhaltige Entwicklung ist. Sie hilft nur kurzzeitig bis wieder Schlumpflöcher gefunden werden und/oder der Zwang aufgehoben wird. Eine nachhaltige Entwicklung beim eigenen Konsumverhalten kann nur auf freiwilliger Basis geschehen. Und das ist nur möglich, wenn man ein Bewusstsein für die Problematik entwickelt.
—————————————————————-
Dieser Blog-Eintrag dient nicht als wissenschaftliche Arbeit!
Die Quellen können nicht allesamt eindeutig benannt werden.
Viele Informationen stammen auch diversen Berichten, Reportagen und Dokumentationen, die ich in der Vergangenheit irgendwann mal geschaut habe.
Mehr Infos unter:
UN World Food Programme
Kommentar verfassen