Gute 10 Stunden sitzen wir bereits in unserem Jeep auf dem Weg von Kathmandu nach Nepalganj. Etwas mehr als die Hälfte der 550km haben wir bereits zurückgelegt. Die Fahrt war bis dahin relativ entspannt gewesen. Der Highway im Süden des Landes ist in einem ziemlich guten Zustand und verläuft größtenteils geradeaus. Keine Serpentinen, keine Schotterpisten, keine gefährlichen Abhänge – fast schon langweilig.
Die Stimmung im Wagen ist gut. Schließlich liegt ein spannendes Abenteuer vor uns. Es wird gescherzt, gequatscht, gegessen. Je weiter wir in den Süden des Landes vordringen, desto wärmer wird es. Die Sonne steht hoch. Aber die steigenden Außentemperaturen fangen wir mit unserer Klimaanlage ab. Wir genießen die Fahrt und erfreuen uns an Schokolade, die wir eigentlich als Proviant mitgenommen haben, aber nun essen müssen, weil sie schon zu schmelzen beginnt.
Im Hintergrund schließt jemand sein Smartphone an einen Bluetooth-Lautsprecher. Bryan Adams schallt es durch den Jeep. Eine Ballade von ihm nach der anderen. Nepalesen stehen auf Melodrama und Romantik. Ich eher weniger. Stimmungsvolle Musik für einen Roadtrip nenne ich das nicht unbedingt. So langsam tun mir nicht nur der Hintern und die Beine weh, sondern auch die Ohren. Mein ganzer Körper schmerzt und schreit nach Erlösung.
Ich äußere meinen Unmut und der DJ hat Erbarmen. Seine Playlist ist zwar in der Tendenz noch immer romantisch, aber Gott sei Dank nicht mehr auf dem Bryan-Adams-Level. Es ist nun ruhiger im Jeep. Jeder ist mehr oder weniger in sich gekehrt.
Ich blicke aus dem Seitenfester in die grüne Landschaft des südlichen Nepals. Zum ersten Mal sehe ich keine Berge, noch nicht einmal Hügel. Es ist komplett flach. Überall wird Reis und Getreide angebaut. Die Sonne scheint. Ich spüre schon die Hitze.
Und dann plötzlich doch einen Schauer, der eiskalt meinen Rücken herunterläuft.
Aus dem Lautsprecher ertönt „Laaaast Christmas, I gave you my heart…”. Entsetzt blicke ich in das Gesicht meiner Sitznachbarin. Ich bin noch nicht komplett durchgedreht, oder? Du hörst das doch auch? „Last Christmas“ im ehemaligen Hindu-Königreich Nepal, im September um 15h bei strahlendem Sonnenschein, 30°C Außentemperatur und überall um uns grüne Reisfelder.
Ich muss unbedingt hier raus, sonst drehe ich durch! WANN SIND WIR DAAAA!?!?!?!
Alle Beiträge von meiner 11. Nepal-Reise findet hier in chronologischer Reihenfolge.
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