Ich habe mir den Beginn meiner 3. Nepal-Reise weitaus anders vorgestellt. Die Anreise verläuft mit einer gesamten Reisezeit von knapp 12,5 Stunden äußerst schnell. Mir nichts dir nichts, komme ich nach etwa 6,5 Stunden Flug in Muskat an. Doch wo bin ich hier eigentlich gelandet? Neben dem regulären Flugzeugtypen starten auch plötzlich 3 Kampfjets kurz nacheinander auf den zwei einzigen Rollfeldern. Trotz sicherer Entfernung und Zentimeter dicken Fensterscheiben jagt der Lärm durch das Trommelfell. Übung, Einsatz? Wo liegt Muskat überhaupt?! Etwa bei Syrien…?
Milde 24°C zeigt das Thermometer in Muskat an. Warm genug, um die Klimaanlage schon im vollsten Gange laufen zu lassen. Auf der anderen Seite des Flughafens wird schon fleißig weiter gebaut. Eine riesige Baustelle, die an einen unfertigen Flughafen in einer deutschen Hauptstadt erinnert – nur das hier sich tatsächlich die Kräne sowie anderen Fahrzeuge und Maschinen bewegen. Geld hat der Ölstaat wohl genug. Doch in Sachen Internet ist man doch dann eher Schwabe. WiFi Fehlanzeige!! 🙁
Etwa 2,5 Stunden schlage ich am Flughafen tot. Dann geht es in den Flieger. Ich habe einen Fensterplatz reserviert. Die zwei Plätze neben mir sind schon von Einheimischen besetzt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass mir niemand so richtig Platz macht. Aber ich bin ja Nepal-Bus-erfahren und steige gekonnt über die beiden Menschen hinweg. Der Herr direkt zu meiner rechten ist etwa 45 Jahre alt und macht nicht gerade den gesundheitlich besten Eindruck. Er hält sich bereits vor dem Start seine Schläfen und massiert seinen Kopf – Kopfschmerzen? Übelkeit? Flugangst? Kann alles irgendwie passen. Doch Minuten nach dem Steigflug geht es ihm wohl schon besser – richtig essen kann er aber nicht…
Der Landeanfug beginnt. Die Aussicht nicht ganz klar, aber ich erkenne die monumentalen Gipfel des Himalaya durch die Wolkendecke empor ragen. Wir müssen durch diese Wolkendecke und werden für etwa 20 Sekunden kräftig durchgeschüttelt. Die nächsten Minuten verlaufen sehr ruhig. Ich halte meine Kamera nach draußen und fotografiere nun nicht mehr die Gipfel und die Wolkendecke, sondern die Decke von Häusern in Kathmandu. Unglaublich wie eng alles beisammen liegt. Wir berühren wieder den Erdboden. Das Flugzeug kommt so langsam zum Stehen. Ich bedanke mich mit einem kleinen Stoßgebet, dass alles so reibungslos geklappt hatte… und gar in diesem Moment KOTZT der Typ rechts neben mir auf den Boden -.-
Ein Glück, dass Schuhe und Tasche nur Tropfen abbekomme haben. Ich schaue mir sein Werk an bis der beißende Geruch der Magensäure mir in die Nase schießt. Ich muss kurz meine Atmung anhalten.
Doch dann irgendwie geht es wieder. Die Dame, die gemeinsam mit uns in der Reihe gesessen hat, hält es nicht mehr im Sitz. Der Herr putzt sich mit einem Flugzeugmagazin den Mund ab. Ich sitze seelenruhig in meinem Sitz und frage mich, was diese dünnen länglichen, gelben Dinger wohl sein mögen, die er aus seinem Magen hinauskatapultiert hat. Hinter mir sitzen drei junge deutsche Nepal-Neulinge. Sie erblicken das Erbrochene. „Willkommen in Nepal!“, begrüße ich sie und gebe ihnen noch ein paar Tipps für ihren ersten Aufenthalt auf dem Dach der Welt.
Mehrere Busse holen uns am Rollfeld ab und fahren uns an das „Terminal“. Mit meinem Visum und meiner ausgefüllten Einreiseinformation wird mein Reisepass abgestempelt. Dabei hat es eine Weile gedauert, bis der nette Herr am Schalter, mein für diesen Zeitpunkt richtiges Nepal-Visum fand 😉
Es geht direkt weiter zum Gepäckband. Noch herrscht kein heilloses Durcheinander. Ich bin zuversichtlich, dass ich schnell meinen Koffer finde. 25 Minuten Wartezeit zeugen vom Gegenteil. Doch ich weiß, wie es in Nepal abläuft. Ich weiß, dass mein Koffer aus unerfindlichen Gründen immer als eines der letzten kommt. Wenigstens kann ich dadurch mit meiner Erfahrung die deutschen Ersttouristen beruhigen, die wie ich bereits sehnsüchtig auf ihr Gepäck haben warten müssen.
Mit dem Koffer, dem großen Handgepäck und meiner Schultertasche bewaffnet, geht es nun raus aus dem Flughafen. Ich versuche ein Taxi zu bekommen. Die Verhandlungen starten – allerdings mit einem riesigen Vorteil für die Gegenpartei. Es herrscht momentan wieder einmal ein Streik in Nepal!!! Alle öffentlichen Läden und jeder Transport kommt zum Erliegen. Irgendetwas gegen die maoistische Führungsebene – fragt mich nicht was. Ich wollte nur Heim. Vom Flughafen zu meinem Hostel ist es nicht weit. Doch dank des Streiks meinen die lieben Taxi-Fahrer, dass sie mich melken können. 1.500 NPR (umgerechnet etwa 14) verlangen die doch tatsächlich, um mich an Chahabil Chowk, die knapp 15 Minuten entfernte Kreuzung von der ich in 10 Minuten nach Hause laufen kann, zu bringen. Ich lehne mehr als dankend ab und versuche in eines der Touristenbusse zu kommen. Alle sind aber auf dem Weg nach Thamel. Wie sehr habe ich in diesem Moment gewünscht, dass ich auch Tourist wäre 🙁
So laufe ich eben nach Hause und erhasche hämische Blicke und Kommentare. Ich verstehe, was ihr sagt, ihr Arschl*** schießt mir das eine oder andere Mal in den Kopf. Auf dem Weg lerne ich einen jungen Studenten kennen. Kumal sein Name. Er begleitet mich bis nach Pashupatinath, der großen hinduistischen Tempelanlage in Kathmandu. Von dort ist es dann fast geschafft. Insgesamt bin ich etwas mehr als eine Stunde unterwegs. Gott sei Dank spielt das Wetter mit. Dennoch bin ich total kaputt als ich im Hostel ankomme. Habt ihr schon mal 40KG überholprige Straßen hinterher geschoben? Nicht leicht, sag ich euch…
Im Hostel sind im Moment außer Rosa, eine dänische Freundin, die ich bereits bei meinem ersten Nepal-Aufenthalt kennenlernen durfte, keine weiteren Gäste. 25 Minuten habe ich genießen können, als es plötzlich stockdunkel wird. Der Strom wird um 19h abgeschaltet. Ein toller Tag 🙂
Wir haben mit dem Leiter von Nepali-Host-Family Dinner, unterhalten uns, reden über die guten alten Zeiten vom letzten Jahr und haben Spaß – als wären wir nie für ein Jahr getrennt gewesen 🙂 So habe ich dann doch bis um kurz vor 22h vergessen, dass ich noch duschen wollte. Ein fataler Fehler. Das Wasser im Tank hat sich so sehr abgekühlt, dass es EISKALT geworden ist. Aber was muss, das muss. Willkommen in Nepal 🙂
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