Es ist schön wieder Zuhause zu sein. Keine sechs Monate hat es gedauert, bis mich das Land, an das ich mein Herz verlor, wieder empfangen durfte. Das Warten hat ein Ende. Der erste Atemzug auf nepalesischen Boden schmeckte nach Kerosin. Direkt nach dem Verlassen des Fliegers tief einzuatmen, ist eine bescheuerte Idee – nicht nur in Nepal.
Im Speziellen ist tiefes Einatmen allerdings insbesondere in Kathmandu eine selten noch bescheuertere Idee. Es sei denn, man steht darauf, die eigene Lunge mit Partikeln jedweder Art zu füllen.
Auf Kathmandus Straßen herrscht zurzeit noch immer das blanke Chaos. Wie lange dieser Zustand schon anhält, lässt sich ohne Zeitmaschine nicht beantworten. Man muss schon sehr weit in die Vergangenheit zurückreisen, um diesem Geheimnis auf die Schliche zu kommen.
Ich habe noch nie einen anderen Zustand in Kathmandu kennengelernt. Die Hauptstraßen sind immer mit allem, was mindestens zwei Reifen oder vier Hufen hat, verstopft. Die Fahrzeuge klappern um die Wette und kämpfen um die Krone für die schädlichsten Abgase.
Ausgerechnet der Bus, in dem ich gerade sitze, gewinnt. Ich habe das Gefühl, dass der Bus nach Innen ausatmet. Jedenfalls erkläre ich mir so, den leicht grauen Rauch der sich im Innenraum verbreitet. Durch das offene Fenster bekomme ich frische Luft – Moment, ich korrigiere: Ich bekomme frischere Luft. Und das auch nur, weil neben meinem Fenster eine Kuh steht. Die einzige unter allen anderen Verkehrsteilnehmern, die eine grüne Umweltplakette verdient. Der Rest dürfte sich mit superdunkelrotdasfastschonanschwarzgrenzt zufriedengeben.
Aktuell jedenfalls geht wieder einmal nichts voran. Ich blicke umher und sehe, wie viele Bauarbeiten (noch immer) stattfinden. Die Straßen werden erweitert, um mehr Platz für Fahrzeuge zu schaffen. So soll Stau vermieden und der Verkehr flüssig gehalten werden. Leider bedeutet breitere Straßen auch gleichzeitig ein Anreiz für mehr Autos auf die Straßen zu kommen. So kommt es wie es kommen muss: Stau.
Überall weht der Sand und Staub der Straßenerweiterungen umher. Er sucht sich die kleinsten Nischen und gelangt in alles, was nicht Niet- und Nagelfest ist. Der Feinstaub von den Bauarbeiten vermengt sich mit dem Feinstaub der Fahrzeuge und Busse. Auf Dauer sicherlich ein tödlicher Cocktail. Und wer nun in dieser Umwelt freiwillig tief einatmet, ist kein Mensch, sondern ein Staubsauger.
Alle Beiträge aus meiner 11. Nepal-Reise findet hier in chronologischer Reihenfolge.
Anna
Toller Beitrag, gern mehr davon. Ich persönlich verfolge deinen Nepal Blog nun schon seit 2-3 Tagen, lese mir gespannt einen nach dem anderen Artikel durch.
LG Anna