Nepal XI – Tag 6 – Kraftpaket

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Superhelden tauchen aus dem Nichts auf. Sie erscheinen, wenn du nicht mehr mit ihnen rechnest. Wenn du die Hoffnung schon aufgegeben hast. Immer wenn du sie am meisten brauchst.

Ein hartes Stück Arbeit...
Ein ziemlich hartes Stück Arbeit…

Es ist bereits dunkel geworden, als wir in der Fahrerkabine unseres großen Lastwagens sitzen. Wieder einmal hatte alles viel länger gedauert als geplant. 2.000 Schultaschen lassen sich halt nicht so einfach in einen Lastwagen hieven. Insbesondere dann nicht, wenn diese in Bündel von acht mal zwanzig Schultaschen verpackt wurden. Eine schwere Angelegenheit.

Geholfen hat es auch nicht, dass der Lastwagen eigentlich als Viehtransporter gedacht gewesen war. Im nun leeren Innenraum war Atmen nur bedingt möglich gewesen. Bei jedem Atemzug inhalierte man eine ganze Ziege.

Auf einer freien Fläche am Flussbett wird unser Lastwagen geparkt. Ich habe schon längst die Orientierung verloren. An einem schmalen Hauseingang bleiben wir stehen. Wir betreten die schmale Gasse. Rechts öffnet sich eine Tür zu einer belebten Gaststätte. Ich habe Hunger. Aber vorher muss erst noch gearbeitet werden. Etwas weiter geradeaus führt eine schmale und steile Treppe hinunter in einen Vorgarten. Wir werden durch den kleinen Quader geführt und betreten einen dunklen Gang. Strom gibt es hier nicht. Wir lassen uns hineinführen, stehen wieder an einem Vorgarten, gehen ein Stück weiter und sind plötzlich schon in der Fabrik, die unsere Schulhefte produziert. Grelles Licht leuchtet uns entgegen. Es riecht nach Papier. Riesen-Unordnung. Überall Papierstreifen und Papierfetzen.

Der Produzent zeigt in eine Ecke der Fabrik. Dort stehen 6.000 Hefte, ordentlich in 20 Pakete zu 300 Heften verpackt. Jedes Paket wiegt 45KG. Wir sind schockiert. Zu zweit schleppen wir mir letzter Kraft ein Paket durch die Fabrik, durch den kleinen Vorgarten, durch den dunklen Gang, durch den großen Vorgarten, die schmale steile Treppe hinauf, bis wir endlich völlig entkräftet das Paket vorm Hauseingang auf dem Boden fallen lassen.

Ein Kraftpaket als unser Superheld.
Ein Kraftpaket als unser Superheld.

Fünf weitere Male gehen wir diese Tortur noch durch und merken, dass wir ohne Hilfe niemals alle Hefte aus der Fabrik bekommen werden. Die Kraft lässt nach. Die Müdigkeit steigt. Die Hoffnung schwindet. Es wird immer später und schon morgen sollten wir unsere Schultaschen-Reise beginnen. Gepackt hat noch keiner von uns.

Wir sind der Verzweiflung nahe. Wir brauchen Hilfe. Alleine schaffen wir es nicht. Plötzlich steht da ein kleiner, älterer Mann vor uns. Stämmig, aber nicht muskulös. Er bietet uns seine Dienste an. Wir sind froh, aber skeptisch. Denn die Zeit rennt. Und das kleine Kraftpaket auch. Der Mann, unser Superheld, trägt sämtliche Pakete alleine (!!) sogar bis zum Lastwagen. Zum Teil sogar zwei Pakete (90KG) gleichzeitig.

Superhelden tauchen aus dem Nichts auf. Sie erscheinen, wenn du nicht mit ihnen rechnest. Wenn du die Hoffnung schon aufgegeben hast. Immer wenn du sie am meisten brauchst.

Alle Beiträge aus meiner 11. Nepal-Reise findet hier in chronologischer Reihenfolge.

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Namasté! Schön, dass Du meinen Nepal Blog gefunden hast. Ich heiße Khai-Thai, ich bin in Deutschland geboren, meine Eltern stammen aus Vietnam, Frankfurt ist meine Heimat und Nepal mein Zuhause. Seit 2011 besuche ich das wundervolle Land für mehrere Monate im Jahr und engagiere mich für unsere Hilfsprojekte vor Ort. In diesem Nepal Blog schreibe ich über meine Eindrücke, Erfahrungen, Anekdoten und Projekte - Einfach mein-Nepal eben ;)

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